Aussprache
Dauer | 1 Unterrichtseinheit |
Schulstufe | ab der 7. Schulstufe |
Zielsetzungen | • Eigene Vorurteile und negative Stereotype gegen bestimmte Gruppen kritisch reflektieren • Argumente gegen Äußerungen von Hass im Internet und Reaktionen darauf entwickeln • Verständnislücken füllen und Empathie gegenüber Gruppen entwickeln, die gesellschaftlich oft missverstanden werden |
Kompetenzen | Urteilskompetenz, Handlungskompetenz |
Materialien | 3 Stühle; genügend Platz, damit die TeilnehmerInnen im Kreis sitzen und sich bewegen können; Zettel und Stifte; Hut (oder kleiner Behälter) |
Methoden | Diskussion |
Vorbereitung | • Kleine Zettel – etwa zwei pro Gruppenmitglied (einige in Reserve) bereitstellen • Achten Sie darauf, ob jemand in der Gruppe zu einer häufigen "Zielgruppe" gehört. Wenn Sie Schwierigkeiten erwarten, sprechen Sie mit diesen TeilnehmerInnen im Vorfeld und erklären Sie ihnen die Aktivität. Sie sollen wissen, dass sie für die Gruppe wichtig sein können; stellen Sie sicher, dass diese TeilnehmerInnen sich nicht unwohl fühlen. • Es kann nützlich sein, einige Antworten auf übliche Befürchtungen oder falsche Vorstellungen vorzubereiten, die möglicherweise von der Gruppe angesprochen werden. |
Quelle |
Europarat (Hrsg.): Bookmarks. Bekämpfung von Hate Speech im Internet durch Menschenrechtsbildung. Übers. a.d. Engl.: Brita Pohl. Wien: Edition polis, 2. aktualisierte und erweiterte Auflage 2017. ISBN 978-3-902659-14-9. |
Aktualisiert | 18.2.2017 |
Ablaufbeschreibung
Optionale Aufwärmübung
1. Präsentieren Sie folgende frei erfundene Aussagen mit der Überschrift "Wahre Tatsachen" auf einem Flipchart/einer Folie, so dass alle TeilnehmerInnen sie lesen können. Sie können auch Eigenkreationen verwenden.
- Wenn alle Zuwanderer und Zuwandererinnen in ihre Länder zurückgehen würden, gäbe es genügend Arbeit für alle.
- Mädchen sind bei Online-Games schlechter als Jungen.
- Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass EuropäerInnen kleinere Gehirne haben als AsiatInnen.
- Homosexualität ist eine heilbare Krankheit.
2. Fragen Sie die TeilnehmerInnen nach ihrer Reaktion. Nach einigen Antworten teilen Sie mit, dass diese Aussagen frei erfunden sind! Keine der Aussagen ist wahr. Fragen Sie noch einmal nach Reaktionen und beleuchten Sie kurz, warum die TeilnehmerInnen die Aussagen geglaubt haben (wenn das der Fall war).
3. Fragen Sie die TeilnehmerInnen, ob sie je etwas im Internet gelesen haben, von dem sie entweder wussten, dass es nicht wahr ist, oder sich gefragt haben, ob es vielleicht nicht wahr sein könnte. Haben sie etwas dagegen unternommen?
Hauptaktivität
4. Erklären Sie, dass ein großer Teil von Hate Speech und viele rassistische Einstellungen durch Unwissenheit verursacht werden. Leute glauben Dinge über andere Gruppen, denen sie möglicherweise nie begegnet sind – oder sie werden ihnen eingeredet! Oder sie glauben auf Basis von Informationen über einen Einzelnen Dinge über ganze Gemeinschaften! Wenn solche Überzeugungen breit diskutiert und nicht hinterfragt werden, beginnen sie, als "Tatsachen" akzeptiert zu werden. Wir vergessen manchmal, wo wir etwas gehört haben oder dass es nicht wahr ist oder nur die Meinung von jemandem war, und beginnen es selbst zu glauben.
5. Erklären Sie der Gruppe, dass im Internet jeder und jede eine wichtige Rolle dabei spielen kann, "Tatsachen" oder Meinungen zu hinterfragen, denen man begegnet. Die Frage nach dem Warum und die Erklärung des Warum nicht sind am wichtigsten, um die Verbreitung falscher oder bösartiger Ideen zu verhindern. Das ist auch die beste Art, sich selbst verlässliche Meinungen zu bilden!
6. Erklären Sie, dass die Aktivität einige negative "Tatsachen" oder Meinungen über bestimmte Gruppen untersuchen wird, die heute im Allgemeinen breite Zustimmung finden. Die TeilnehmerInnen werden versuchen, mit dem Wissen und der Expertise in der Gruppe Argumente zu entwickeln und verbreitete Mythen zu "entlarven". Sie sollten das als Gelegenheit sehen, zu einem besseren Verständnis zu gelangen und ihr eigenes Wissen/ihre Erfahrung zu teilen.
7. Jedes Gruppenmitglied erhält zwei Zettel, die verbleibenden werden auf einen allgemeinen Stapel gelegt, von dem die TeilnehmerInnen sich bei Bedarf zusätzliche Zettel nehmen können. Sie werden gebeten, negative Meinungen oder "Tatsachen"-Behauptungen aufzuschreiben, die sie bezüglich bestimmter Gruppen gehört haben und die sie gerne diskutieren würden. Einige Beispiele:
- Menschen sollten in ihren eigenen Ländern bleiben und nicht in der Welt herumziehen!
- Der Platz einer Frau ist zu Hause: Frauen sollten Männern nicht die Arbeit wegnehmen.
- Die Roma müssen anfangen, nach den Sitten des Landes zu leben.
8. Erklären Sie, dass die TeilnehmerInnen die Aussagen nicht selbst glauben müssen; vielleicht wollen sie einfach Antworten auf häufige "Überzeugungen" suchen. Die Zettel sollten anonym in einem Hut oder Behälter gesammelt werden.
9. Die drei Stühle werden im Halbkreis aufgestellt. Nur wer auf einem der Stühle sitzt, nimmt an der Diskussion teil; die restliche Gruppe spielt die Beobachterrolle.
10. Erklären Sie, dass zunächst drei Freiwillige am Gespräch teilnehmen. Wenn sich zu irgendeinem Zeitpunkt jemand einmischen will, kann er oder sie das tun, aber da zu jedem gegebenen Zeitpunkt nur drei GesprächsteilnehmerInnen erlaubt sind, muss jemand mit ihnen Platz tauschen. Wer am Gespräch teilnehmen will, sollte nach vorne kommen und eine/n der GesprächsteilnehmerInnen leicht auf die Schulter klopfen. Diese beiden Personen tauschen den Platz, und der/die ursprüngliche GesprächsteilnehmerIn wird zur BeobachterIn.
11. Die TeilnehmerInnen sollten ermutigt werden, neben ihren eigenen Meinungen auch andere Meinungen zu vertreten. So können Ansichten zur Sprache kommen und von vielen unterschiedlichen Perspektiven aus diskutiert werden, die kontrovers, politisch unkorrekt oder unvorstellbar sind. Aggressive oder verletzende Bemerkungen gegenüber einzelnen Gruppenmitgliedern sind nicht erlaubt.
12. Ein/e Freiwillige/r wird gebeten, eine Frage aus dem Hut zu ziehen und die Diskussion zu beginnen. Die Diskussion sollte so lange dauern, bis die Gruppe das Thema erschöpfend besprochen hat. Dann werden drei Freiwillige gebeten, eine andere Frage zu diskutieren und mit den gleichen Regeln eine neue Gesprächsrunde zu beginnen.
13. Es werden so viele Fragen diskutiert, wie die Zeit zulässt. Am Ende sollte ein bisschen Zeit zum "Runterkommen" nach der Diskussion und für die Reflexion der gesamten Aktivität eingeplant werden.
Nachbereitung
Verwenden Sie die folgenden Fragen, um der Gruppe eine Reflexion darüber zu ermöglichen, ob die Aktivität ihre Ansichten verändert oder ihnen Argumente gebracht hat, um Vorurteilen zu begegnen:
- Hat jemand etwas herausgefunden, was er/sie vorher nicht wusste?
- Hat jemand bezüglich einer bestimmten Gruppe oder einem Thema seine Meinung geändert?
- Fühlt ihr euch besser imstande, an einer Diskussion mit negativen Meinungen teilzunehmen? Glaubt ihr, dass ihr das online oder offline tun würdet? Warum, oder warum nicht?
- Wie könntet ihr euch an einer ähnlichen Diskussion im Internet beteiligen? Was wäre ähnlich? Was wäre anders?
- Was kann man tun, wenn man bezüglich einer Überzeugung Zweifel hat oder unsicher ist?
Moderationstipps
- Sie sollten sich unterschiedlicher Sensibilisierungen oder Zugehörigkeiten in der Gruppe sehr bewusst sein und die TeilnehmerInnen dazu anhalten, in der Diskussion darauf zu achten.
- Wenn Sie der Meinung sind, dass einige Fragen oder Aussagen nicht geeignet sind, von den TeilnehmerInnen direkt bearbeitet zu werden, sollten Sie diese auf ein Flipchart schreiben. Sie können sie entweder selbst bearbeiten und später Feedback geben, oder TeilnehmerInnen recherchieren und darüber berichten lassen.
- Wenn die drei GesprächsteilnehmerInnen keine Argumente gegen negative Aussagen zu finden scheinen, können Sie auch selbst in das Gespräch eingreifen. Vermeiden Sie jedoch, das zu oft zu tun: Es könnte sinnvoll sein, das Gespräch von Zeit zu Zeit zu unterbrechen und zu fragen, ob andere Gruppenmitglieder eine andere Meinung vorbringen können.
- Es ist wichtig, die Diskussion offen zu halten, damit die TeilnehmerInnen sich trauen, Ansichten zu äußern, die sie selbst vertreten oder die als kontrovers angesehen werden, die aber in den Medien oder in der Gesellschaft im Allgemeinen häufig geäußert werden. Gleichzeitig sollte das Gespräch nicht in eine bösartige und unfaire Wiederholung von negativen Stereotypen abgleiten. Ermutigen Sie die Gruppe, einen fragenden Tonfall zu verwenden und ihre Kommentare so sensibel wie möglich zu formulieren, selbst wenn sie eine negative Meinung über bestimmte Gruppen äußern. Geben Sie Ihnen wenn nötig einige Formulierungshinweise, zum Beispiel: "Ich habe gehört, dass..." – "Einige Leute scheinen zu denken, dass..." – "Kannst du mir vielleicht erklären...?" – "Warum könnte diese Ansicht falsch sein?"
- Versuchen Sie, alle TeilnehmerInnen dazu zu ermutigen, sich am Gespräch zu beteiligen!
Varianten
Nach dem Einsammeln der Fragen könnte Zeit eingeplant werden, um einige der Kommentare zu recherchieren, bevor die Diskussion beginnt. Die Fragen/Aussagen könnten verteilt und die TeilnehmerInnen aufgefordert werden, kurze Argumente zum Thema vorzubereiten. Die Diskussion würde so von einem höheren allgemeinen Bewusstseinsniveau ausgehen. Die Übung kann auch als Übungsreihe organisiert werden, zum Beispiel indem bei jeder Sitzung Vorurteile betrachtet werden, die eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe betreffen. Jedes Mal könnten Sie oder eine Gruppe von Freiwilligen Informationen zur Situation dieser Gruppe in Ihrem Land vorbereiten. Die TeilnehmerInnen können Informationsvideos produzieren, die alternative Informationen zu häufigen Überzeugungen bieten. Verwenden Sie die Website der No Hate Speech-Bewegung, um diese Videobotschaften zu teilen und auch andere Menschen über die wirklichen Umstände zu informieren.
Weitere Aktivitäten
Sie könnten die Gruppe dazu anregen, Themen zu recherchieren, die in der Diskussion nicht ausreichend angesprochen wurden, und ihre Ergebnisse in der Gruppe zu präsentieren. Sie könnten eine Liste mit "entlarvten Mythen" aufstellen. Sie könnte einige der häufigeren Vorurteile gegenüber einzelnen Zielen von Hass sowie Argumente, Informationen oder Statistiken enthalten, die diese Vorurteile untergraben. Die Liste könnte auf der Website der No Hate Speech-Bewegung gepostet werden, um andere Online-AktivistInnen zu unterstützen.
Mit der Gruppe könnte auch eine Liste von Gegenargumenten entwickelt werden, die die TeilnehmerInnen benutzen können, wenn sie im Internet auf Vorurteile oder rassistische Aussagen stoßen. Es ist auch wichtig zu diskutieren, wie sie diese Argumente online präsentieren könnten, ob mit Humor, durch Information oder Teilen von Links usw .
Link- und Medientipps
Politiklexikon für junge Leute: Hate Speech/Hassrede
Kampagnenwebsite des No Hate Speech Movement (in Englisch und Französisch): www.nohatespeechmovement.org
Nationales Komitee "No Hate Speech" in Österreich:
www.bmfj.gv.at/jugend/lebensqualitaet-miteinander/nohatespeech.html
Initiative für Kinder, Jugendliche, Eltern und Lehrende zum sicheren, kompetenten und verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien: www.saferinternet.at
Hate Crime Reporting: hatecrime.osce.org
ISPA – Internet Service Providers Austria Infobroschüren zu Hasspostings, Internet sicher nutzen etc.
KOMPASS - Handbuch der Menschenrechtsbildung für die schulische und außerschulische Jugendarbeit (akt. 2020)
www.bpb.de/shop/lernen/weitere/314731/kompass
Kompass Online-Handbuch Menschenrechtsbildung:
www.kompass-menschenrechte.de