Philosophieren im Unterricht zum Thema Frieden
Anknüpfend an das Unterrichtsprinzip Politische Bildung kann dieser Wert in allen Unterrichtsfächern reflektiert und auch im Rahmen von Schulentwicklungsprozessen in der Schulkultur verankert werden.
Schulstufe |
Volksschule, Sekundarstufe I |
Methoden |
Philosopohisches Gespräch, Partner- und Kleingruppenarbeit, Standbilder |
Materialien |
Text "Der Träumer" (Martin Auer, siehe Download), Redestab, Mindmap zum Thema Frieden |
Kompetenzen | Handlungskompetenz, Urteilskompetenz |
Zielsetzungen |
Die SchülerInnen üben und setzen in diesem philosophischen Gespräch Fähigkeiten zum Dialog um (wie kritisch zu hinterfragen, eigene Einschätzungen zu formulieren und sich zum Thema Frieden zu positionieren). |
Lehrplanbezug |
Geschichte und Sozialkunde/Politische Bildung, Unterrichtsprinzip Politische Bildung |
Autorin |
Desirée Summerer unter Mitarbeit von Kristina Langeder-Höll (beide Friedensbüro Salzburg) |
Aktualisiert | 14.12.2020 |
Methodisch-didaktische Hinweise
Im Folgenden wird das gemeinsame Philosophieren als eine Möglichkeit vorgestellt, sich klärend und reflektierend mit dem Grundwert Frieden auseinander zu setzen. Aufgrund seiner Anbindung an das Unterrichtsprinzip Politische Bildung ist das vorgestellte Unterrichtsbeispiel in jedem Fach einsetzbar. Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass die Methode prinzipiell nicht altersgebunden ist und sie sich daher mit kleineren Adaptionen sowohl für VolksschülerInnen als auch für SchülerInnen der Sekundarstufe I und II eignet.
Eine wichtige Anpassung ist beispielsweise, dass sich die Dauer eines philosophischen Gespräches an der altersspezifischen Aufmerksamkeitsspanne der Kinder orientiert. Je jünger die Kinder, desto hilfreicher ist außerdem die ergänzende Einbindung von Musik, Fantasiereisen, Bewegungsspielen oder anderen Methoden, die die Sinne anregen. Ebenso sollten die Sprache an die jeweilige Altersstufe sowie die Anforderungen und der Ablauf des Gespräches an die moralisch-kognitive Entwicklung der Kinder angepasst sein. Ab dem 6. Lebensjahr wird beispielsweise eine längere und genauere philosophische Auseinandersetzung möglich, weil sich das abstrakt-begriffliche Lernen bei Kindern zunehmend stärker ausprägt.
Die Methode fördert die Fähigkeit der SchülerInnen, Urteile zu hinterfragen und selbst Urteile auszubilden und zu reflektieren. Ebenso lernen die Kinder und Jugendlichen, Meinungen und Interessen zu artikulieren und zu vertreten. Dabei spielen Perspektivenübernahme, das Stärken von Konfliktfähigkeit, die Fähigkeit zur Konsensbildung sowie das Einüben von Gesprächstechniken eine zentrale Rolle. Das gemeinsame Philosophieren setzt auf die vernetzte Förderung kognitiver, kreativer, sozialer und emotionaler Fertigkeiten. Hier werden einzelne Elemente zur Vorbereitung und Umsetzung eines philosophischen Gespräches vorgestelltund am Beispiel einer Auseinandersetzung mit dem Wert Frieden konkretisiert. Diese anzuwenden ist grundsätzlich hilfreich, jedoch nur dann möglich, wenn ein Thema gezielt besprochen werden soll. Wird eine philosophische Frage im Schulalltag spontan aufgegriffen, kann das Gespräch genauso gelingen, vor allem wenn die Klasse und Moderation bereits gemeinsam philosophiert hat.
Ablaufbeschreibung und Elemente des philosophischen Gesprächs
Schritt 1 (Vorbereitung): Mindmap
Im Vorfeld der Unterrichtseinheit empfiehlt sich die Erstellung einer Mindmap. Diese dient der eigenen Auseinandersetzung mit dem Thema sowie der Orientierung und liefert die Basis für Fragen, die von Seiten der Moderation in das Gespräch eingebracht werden können.
Dies ist besonders dann hilfreich, wenn das Gespräch ins Stocken kommt und mit einem neuen Impuls wieder angestoßen werden soll. Ist die Klasse und Moderation noch wenig erfahren im Philosophieren in dieser Konstellation, bietet es sich an, auf Basis der Mindmap ebenfalls im Vorfeld eine einleitende Frage festzulegen, mit der das philosophische Gespräch in der Unterrichtseinheit eröffnet wird. Bei den Fragen ist darauf zu achten, dass sie offen formuliert (keine Suggestivfragen!) und nicht moralisierend sind.
Mögliche Leitfragen zum Thema Frieden könnten sein:
- Was ist Frieden?
- Welche Dimensionen hat Frieden?
- Wie ist das Verhältnis zwischen Frieden, Harmonie, Konflikt und Gewalt?
- Was ist das Gegenteil von Frieden?
- Wie kann Frieden gelebt werden?
- Welche Rolle spielt Frieden im gesellschaftlichen Zusammenleben?
Schritt 2: Atmosphäre schaffen
Im Idealfall wird das Setting in der Klasse in Abgrenzung zu anderen Unterrichtseinheiten für dieses Gespräch geändert. Falls kein anderer Raum verfügbar ist, bietet sich ein Sesselkreis/Bodenkreis an. Dekorative Elemente wie Polster oder Tücher können eingesetzt werden. Vorab werden Gesprächsregeln (z.B. Redestab verwenden, es gibt kein richtig/falsch, niemand wird ausgelacht, etc.) festgelegt. Je jünger die SchülerInnen, desto mehr gemeinsamer Vorbereitung bedarf es hier.
Schritt 3: Einstieg in das Gespräch
Der Einstieg wird von der Gesprächsleitung mit Rücksicht auf das Alter der SchülerInnen und auf das Thema vorbereitet. Er macht im Idealfall neugierig auf die philosophische Frage, indem er bereits einige Fragen aufwirft, aber keine Antworten vorweg nimmt. Beispiele hierfür sind Bilderbücher und Geschichten, gemeinsame Beobachtungen eines Phänomens, Theaterstücke, Legebilder, Videoclips, usw.
Für das Thema Frieden kann die Gesprächsführung den Text "Der Träumer" (Martin Auer) laut vorlesen. Die Klasse sitzt dabei im Kreis. Die Lehrkraft kann im Anschluss mit einer bereits vorbereiteten philosophischen Frage in das Gespräch einsteigen oder die Frage gemeinsam mit den SchülerInnen erarbeiten. Für die gemeinsame Fragefindung bietet sich das Sammeln von SchülerInnen-Fragen auf der Tafel oder auf Pinnwänden an. Wichtig ist hier, die Beiträge gegebenenfalls in philosophische, also offen formulierte und nicht moralisierende Fragen umzuformen. Im Anschluss können diese Fragen geclustert und zusammengefasst werden, bevor sie von den SchülerInnen selbst priorisiert werden.
Die Frage mit den meisten Stimmen wird festgehalten und für alle gut sichtbar im Raum angebracht. Sie bietet den Einstieg in das gemeinsame Gespräch. Mögliche Fragen im Anschluss an "Der Träumer" könnten sein:
- Wovon träumt der Träumer?
- Unter welchen Bedingungen kann es möglich sein, ohne Krieg auszukommen?
- Was ist Frieden?
- Welche Rolle spielt Frieden in unterschiedlichen Lebensbereichen?
Schritt 4: Das philosophische Gespräch
Die ideale Dauer für diesen Part gibt es nicht, sie variiert auch stark nach Gruppe, der Aufmerksamkeitsspanne und der Situation. Die Unterrichtenden übernehmen die Rolle der Moderation. Dabei geben sie lediglich Impulse, um offene Fragen anzustoßen. Mit Nachfragen, Folgefragen und Zusammenfassen von bereits Gesagtem unterstützen sie die SchülerInnen, gemeinsam Gedanken zu vertiefen, Urteile zu hinterfragen und eigenständige Urteile auszubilden.
Die Gesprächsführung greift so wenig als nötig in das Geschehen ein und verfolgt keine inhaltlichen Ziele und Ergebnisse. Einige Gesprächsfragen ergeben sich aus der vorbereiteten Mindmap.
Weitere unterstützende Fragen könnten sein:
- Sehen das alle so?
- Könnte das auch ganz anders sein?
- Kannst du ein Beispiel nennen?
Im Laufe des Gesprächs kann es sein, dass manche interessante Fragen nicht sofort bearbeitet werden können. Damit diese nicht verloren gehen, kann ein Frageplakat erstellt werden, auf dem die Fragen notiert, gut sichtbar für alle im Raum angebracht und zu einem geeigneten Zeitpunkt wieder aufgegriffen werden können.
Schritt 5: Gesprächsauswertung
Die gemeinsame Auswertung jedes philosophischen Gespräches zum Abschluss steigert kontinuierlich die Qualität dieser und unterstützt den Prozess in der Gruppe. Sie kann schnell und unkompliziert erfolgen (z.B. mit der Methode der Ampelkärtchen, Daumenfeedback anonym oder einem Blitzlicht) und übergibt den SchülerInnen Verantwortung. Dabei sind Fragen zum Ablauf des Gespräches zentral, weniger zu den Inhalten. Beispielfragen sind: Hast du dich in der Gruppe wohl gefühlt? Seid ihr beim Gespräch in die Tiefe gegangen? Hast du den anderen zugehört?
Schritt 6: Ausklang
Am Ende empfiehlt es sich, Impulse zu bieten, um die Gedanken aus dem Gespräch zu vertiefen: Dazu eignen sich besonders kreative Ausdrucksformen wie Malen, darstellendes Spiel und Schreiben. Die SchülerInnen können beispielweise gebeten werden, sich in Kleingruppen zusammenzufinden und sich in maximal 5 Minuten ein Standbild zu überlegen, das für sie "Frieden" verkörpert. Die Standbilder werden in der Runde präsentiert und besprochen.
Ausgewählte Aspekte in Folgeeinheiten vertiefen
Das philosophische Gespräch kann zum Einstieg in ein Thema dienen. Ausgewählte Schwerpunkte können in den folgenden Unterrichtseinheiten vertieft werden. Die Frage, welche Rolle Frieden im gesellschaftlichen Miteinander und in der Demokratie spielt, kann auch in Form von Rollen-und Simulationsspielen weiterentwickelt werden.
Download
Der Träumer (pdf, Autor: Martin Auer)
Linktipps
Friedensbüro Salzburg (bietet in Salzburg Workshops u.a. zum Philosophieren an Kindergärten und Schulen an)
Podcast (20 Minuten, Friedensbüro Salzburg/PH Salzburg Stefan Zweig): Wertevermittlung am Beispiel Frieden: Reflexion oder Überwältigung?
Die Akademie für Philosophische Bildung und WerteDialog (u.a. Fortbildungen zur Ausbildung des Philosophierens, Einstiegsdatenbank)