Etikett
Dauer | 1 Unterrichtseinheit |
Schulstufe | ab der 9. Schulstufe |
Methoden | Diskussionsrollenspiel |
Materialien |
Bänder oder etwas breitere Gummibänder (eines pro SchülerIn), die lange genug sind, um sie um den Kopf zu binden. Kleine Kartonschilder, wie im Folgenden beschrieben. |
Kompetenzen | Urteilskompetenz, soziale Kompetenz |
Zielsetzungen | Die SchülerInnen werden sich bewusst, wie sich Vorurteile auf die Art und Weise, wie wir miteinander umgehen, auswirken. |
Lehrplanbezug | Politische Bildung |
Quelle | Servicestelle Menschenrechtsbildung (nunmehr Zentrum polis): Integration, Teaching Human Rights, Nr. 13, Sommer 2002. |
Aktualisiert | 11.11.2024 |
Ablaufbeschreibung
1. Schritt:
Die SchülerInnen werden in Gruppen von sieben bis zehn Personen eingeteilt. Jeder Schüler/jede Schülerin erhält ein Band, das er/sie um den Kopf bindet. Nun befestigt die Lehrkraft mit Hilfe der Stirnbänder Kartonschildchen auf der Stirn jedes Schülers und jeder Schülerin.
Auf jedem Schildchen steht ein Ausdruck, der eine bestimmte Type Person oder eine bestimmte Eigenschaft beschreibt, wie z.B. Extremist/in, einfältig, Moslem/Muslimin, Skinhead, Führerpersönlichkeit, kann nicht gut Deutsch, aggressiv, langweilig, gebildet, Querulant/in, usw. Die Verteilung der "Etiketten" auf die einzelnen SchülerInnen erfolgt zufällig (siehe aber unter "Anmerkungen"). Jedes Etikett soll für den Träger/ die Trägerin unsichtbar, für alle anderen aber gut lesbar sein.
2. Schritt:
Wenn alle mit je einem Etikett ausgestattet wurden, schlägt die Lehrperson ein Thema vor, das die Gruppe diskutieren soll. Während der Diskussion sollen sich alle gegenüber ihren DiskussionspartnerInnen so verhalten, wie es deren Etiketten entspricht (z.B. gähnen, wenn der/die Langweilige spricht, versuchen, den/die Aggressive/n zu beruhigen, usw.), jedoch ohne direkt zu sagen, was auf den Schildern steht.
Die Lehrkraft beobachtet die Prozesse in den verschiedenen Gruppen, jedoch ohne sich einzumischen.
3. Schritt:
Nach etwa 15 bis 20 Minuten bricht er/sie die Diskussionen ab. Ohne ihre Etiketten abzunehmen oder anzusehen, setzen sich nun alle SchülerInnen in einem Kreis zusammen. Nun fragt die Lehrkraft, ob jemand sich denken kann, was auf seinem Etikett geschrieben steht. Wenn ein Schüler/eine Schülerin eine Vermutung äußert, soll er/sie diese auch begründen. Danach sehen alle ihre Etiketten an. Es folgt eine allgemeine Diskussion, in der einige oder alle der folgenden Fragen behandelt werden sollten:
- Wie haben die SchülerInnen die Diskussionen erlebt?
- War es schwierig, sich zu den Etiketten und nicht zu den wirklichen Personen zu verhalten? Bei welchen Rollenbildern war das am Einfachsten?
- Begann jemand, die Rolle, die ihm/ihr von den Anderen auferlegt wurde, selbst zu übernehmen? Warum? (Siehe Anmerkungen)
- Was veranlasst uns, eine bestimmte Haltung oder bestimmte Eigenschaften von einer Person zu erwarten, die wir gar nicht kennen? Das Aussehen? Etwas, das die betreffende Person tut? Erfahrungen, die wir mit anderen gemacht haben? Vorurteile, die wir vermittelt bekommen und übernommen haben, ohne darüber nachzudenken?
- Ist einer/eine der SchülerInnen selbst schon einmal mit vorgefassten Meinungen, die andere über ihn/sie hatten, konfrontiert gewesen?
- Wie einfach oder wie schwierig ist es, falsche Erwartungen, die andere an einen haben, loszuwerden? Wodurch wird das erleichtert oder erschwert? Welche Vorurteile werden jene, die sie haben, und jene, die davon betroffen sind, am schwersten los?
- Was geschieht, wenn Menschen bemerken, dass sie die Vorurteile, die andere ihnen gegenüber haben, nicht loswerden können?
Anmerkungen:
Diese Übung eignet sich nicht für Gruppen, in denen gröbere Spannungen zwischen den TeilnehmerInnen bestehen. Besonders für jene, die negative Etiketten tragen, kann die Übung etwas belastend werden. Wenn möglich sollte man vermeiden, SchülerInnen mit Etiketten auszustatten, die ihren tatsächlichen Rollen in der Gruppe entsprechen.
Für die Diskussion in der Kleingruppe soll ein eher oberflächliches Thema gewählt werden, sodass die SchülerInnen sich wirklich vor allem auf die Form − und nicht so sehr den Inhalt − der Diskussion konzentrieren.
Üblicherweise beginnen einige Personen, die ihnen von den anderen auferlegten Rollen mit der Zeit zu übernehmen. Der "Einfältige" wird unsicher, weil die anderen ihn nicht ernst nehmen und beginnt wirklich, immer dümmere Bemerkungen zu machen; die "Führerin" akzeptiert die Autorität, die ihr eingeräumt wird, usw.
Dieser Mechanismus des unbewussten Übernehmens von Rollenklischees, die einem von anderen aufgedrängt werden, sollte im abschließenden gemeinsamen Gespräch unbedingt zur Sprache kommen.